Fliegenworte
„Kartoffelsalat!“ sagt jemand. Ich hatte bisher gemütlich auf meinem Sessel gesessen und über die weltpolitische Lage nachgedacht, nein, ehrlicherweise muss ich zugeben, dass ich eigentlich eher über was ganz und gar Unpolitisches nachgedacht hatte, aber auf jeden Fall passte das Wort „Kartoffelsalat“ nicht unmittelbar harmonisch in diesen Gedankengang. Deshalb bin ich alarmiert und schaue mich nach der Quelle des Wortes um. Zunächst kann ich nichts entdecken.
„Kartoffelsalat!“. Diesmal von schräg recht oben, also vom Bücherregal. Ich schaue genau hin und siehe da! Da sitzt eine Fliege.
„Guten Tag“ sage ich probeweise.
„Kartoffelsalat“ antwortet sie.
Ich bemühe mich mit der Fliege eine Art Konversation zustande zu bringen, erhalte aber immer nur diese eine Antwort. Ich beginne darüber nachzudenken ob Kartoffelsalat vielleicht eine größere Bedeutung haben mag, beispielsweise als kulinarischer Vorschlag.
In dem Moment erklingt von rechts und neben dem Fernseher der Ruf: „Schuhcreme!“. Schlagartig verwerfe ich die Überlegungen kulinarischer Art und wende mich der Schuhcremefliege zu. Auch hier erweisen sich dialogische Ansätze als recht monoton. Derweil hat Kartoffelsalat meine Shakespearesammlung erklommen und thront nun auf Heinrich dem V.
Ich gebe meine Bemühungen vorerst auf und flüchte mich in mein Arbeitszimmer, wo ich eilig mein dickes Lexikon zu Rate ziehe. Ich schaue unter „Kartoffelsalat“ nach und finde ganz am Ende eine Hinweis: „Häufig verwendetes Wort von -> Einwortfliege s.d.“. Der gleiche Hinweis findet sich bei „Schuhcreme“.
Aha! Wir kommen der Sache also näher. Ich schlage unter „Einwortfliege“ nach und werde auch prompt informiert, dass die „gemeine Einwortfliege“ (wiss: Monolexoptera) in Europa recht verbreitet ist. Diese Fliegenart kann sich aufgrund der recht begrenzten Hirnareale, die für lexikalische Belange vorgesehen ist, nur jeweils ein einziges Wort merken. Dafür beherrscht sie allerdings 50.000 verschiedene Arten zu summen. Aha.
Ich kehre zurück ins Wohnzimmer und nicke Schuhcreme und Kartoffelsalat verständnisvoll zu.
Kaum habe ich mich wieder hingesetzt als vom Fenster ein leises Summen ertönt. Kurz darauf erklingt vom der Grünlilie ein triumphales „Fönwelle“.
„Hallo, Fönwelle“, sage ich, „ich weiß schon bescheid“.
„Fönwelle.“
„Ja, ist klar.“
Wieder summt es am Fenster. Eine vierte Einwortfliege passiert die Barriere zwischen Drinnen und Draußen und steuert zielstrebig auf den Zimmerbrunnen zu.
Ich denke: ‚Wenn sie jetzt „Knoblauchzehe“ sagt, springe ich auf, rufe laut: „Ich habs gewusst“ und verlasse auf der Stelle das Haus!’
Aber sie sagt „Kühlschrank“. Ich bin erleichtert.
Kühlschrank scheint indes eine intensive Zuneigung zu Kartoffelsalat erfasst zu haben. Sie nähert sich ihr zunächst mit dem Anflug auf das Bücherregal. Als Kartoffelsalat ruhig sitzen bleibt, erklimmt Kühlschrank zunächst Othello und nähert sich über Hamlet und Macbeth von links an Heinrich den V. und Kartoffelsalat an.
Dieses behutsame und überlegte Vorgehen schein belohnt zu werden. Die Beiden summen eine Weile vor sich hin und verschwinden dann gemeinsam in meinem Schlafzimmer.
Ich bin nicht sicher ob mir das recht ist...
„Kartoffelsalat!“. Diesmal von schräg recht oben, also vom Bücherregal. Ich schaue genau hin und siehe da! Da sitzt eine Fliege.
„Guten Tag“ sage ich probeweise.
„Kartoffelsalat“ antwortet sie.
Ich bemühe mich mit der Fliege eine Art Konversation zustande zu bringen, erhalte aber immer nur diese eine Antwort. Ich beginne darüber nachzudenken ob Kartoffelsalat vielleicht eine größere Bedeutung haben mag, beispielsweise als kulinarischer Vorschlag.
In dem Moment erklingt von rechts und neben dem Fernseher der Ruf: „Schuhcreme!“. Schlagartig verwerfe ich die Überlegungen kulinarischer Art und wende mich der Schuhcremefliege zu. Auch hier erweisen sich dialogische Ansätze als recht monoton. Derweil hat Kartoffelsalat meine Shakespearesammlung erklommen und thront nun auf Heinrich dem V.
Ich gebe meine Bemühungen vorerst auf und flüchte mich in mein Arbeitszimmer, wo ich eilig mein dickes Lexikon zu Rate ziehe. Ich schaue unter „Kartoffelsalat“ nach und finde ganz am Ende eine Hinweis: „Häufig verwendetes Wort von -> Einwortfliege s.d.“. Der gleiche Hinweis findet sich bei „Schuhcreme“.
Aha! Wir kommen der Sache also näher. Ich schlage unter „Einwortfliege“ nach und werde auch prompt informiert, dass die „gemeine Einwortfliege“ (wiss: Monolexoptera) in Europa recht verbreitet ist. Diese Fliegenart kann sich aufgrund der recht begrenzten Hirnareale, die für lexikalische Belange vorgesehen ist, nur jeweils ein einziges Wort merken. Dafür beherrscht sie allerdings 50.000 verschiedene Arten zu summen. Aha.
Ich kehre zurück ins Wohnzimmer und nicke Schuhcreme und Kartoffelsalat verständnisvoll zu.
Kaum habe ich mich wieder hingesetzt als vom Fenster ein leises Summen ertönt. Kurz darauf erklingt vom der Grünlilie ein triumphales „Fönwelle“.
„Hallo, Fönwelle“, sage ich, „ich weiß schon bescheid“.
„Fönwelle.“
„Ja, ist klar.“
Wieder summt es am Fenster. Eine vierte Einwortfliege passiert die Barriere zwischen Drinnen und Draußen und steuert zielstrebig auf den Zimmerbrunnen zu.
Ich denke: ‚Wenn sie jetzt „Knoblauchzehe“ sagt, springe ich auf, rufe laut: „Ich habs gewusst“ und verlasse auf der Stelle das Haus!’
Aber sie sagt „Kühlschrank“. Ich bin erleichtert.
Kühlschrank scheint indes eine intensive Zuneigung zu Kartoffelsalat erfasst zu haben. Sie nähert sich ihr zunächst mit dem Anflug auf das Bücherregal. Als Kartoffelsalat ruhig sitzen bleibt, erklimmt Kühlschrank zunächst Othello und nähert sich über Hamlet und Macbeth von links an Heinrich den V. und Kartoffelsalat an.
Dieses behutsame und überlegte Vorgehen schein belohnt zu werden. Die Beiden summen eine Weile vor sich hin und verschwinden dann gemeinsam in meinem Schlafzimmer.
Ich bin nicht sicher ob mir das recht ist...

(Die Abbildung zeigt eine typische Einwortfliege in starker Vergrößerung)
Elli Crown - 13. Nov, 17:50